2021, Escheholz, 450 x 188 cm, Max Ernst Museum, Brühl,
Sophie Stadler
Ein fast fünf Meter Deko-Schriftzug an der Wand zitiert Karl Marx aus der Rheinischen Zeitung 1842. Mit den damals neu eingeführten Holzdiebstahlsgesetzen wurde das Sammeln von Brennholz - und damit eigentlich ein Zustand der Besitzlosigkeit – kriminalisiert. Das ist nur einer der Loops, die es Belia Brückner in Deko-Schriftzug Artikelnummer: 3116415002 gelingt darzustellen oder offenzulegen.
Aus Holz wird auch Papier gemacht. Ihr kennt das ja, diese Leute mit Papieren, die bestätigen, was ihr Eigentum ist, bzw. Arbeitsverträge, bzw. Bettelbriefe, bzw. Anzeigen. Der Loop, bekanntlich die Form des Paranoiden, das ansteckend und leider auch allzu symmetrisch ist, wird hier vorgeführt im Verhältnis von Bedürfnis und Freiheit. Brückners künstlerische Arbeiten setzten sich immer wieder mit Gefängnissen und Jugendstrafanstalten auseinander: mit der Zufälligkeit der Härte der Strafe, die so oft vom Wohnort abhängt, der Schwierigkeit Kontakte und Beziehungen aufrecht zu erhalten, der den Geist betäubenden Leere der Büchereien, die man nur eine beängstigende Vernichtung von Perspektive nennen kann.
DekoSchriftzug Artikelnummer: 3116415002 referiert auf ein Produkt der Plattform Knastladen.de: Diese vertreibt von Inhaftierten gefertigte Dekorationen für jene Zuhause, denen sie selbst so fern sind. Um von diesem ‚Service‘ keinen Gebrauch zu machen, hat Brückner selbst gefräst. Das Arbeiten als Erziehungsmethode im Zuge der ‚Resozialisierung‘ eingesetzt wird – drinnen wie draußen – ist getrieben von der Vorstellung, es würde ansonsten die Faulheit einreißen. Faulheit stellt sich aber bei näherem Hinsehen als für die besitzlose Klasse immer mehr als ‘inaccessible vice‘ heraus, denn sogar am äußersten Rand der Gesellschaft angekommen, vermag man sie noch zum Nutzen zu bringen. So könnte man im sperrigen Titel der Arbeit auch einen Hinweis auf Erschöpfung vermuten, auf Ausbeutungsschleifen um „etwas zu verdienen“, sei das nun (Be-)Loh(-nung), Aufmerksamkeit oder Strafe.
Es stellt sich die Frage, was alles mit Sicherheit argumentiert werden kann, wenn so vieles im Leben an wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten festgemacht wird, anstatt von Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Scheitern an diesem System beweist gar nichts. Aus Holz wird Feuer gemacht.
[1] Ausstellungsansicht, Max-Ernst Museum, Brühl, Foto: Patricia Falk
[2] Ausstellungsansicht, Max-Ernst Museum, Brühl, Foto: Patricia Falk
[3] Ausstellungsansicht, ASA-Open Studios, Hamburg, Foto: Tim Albrecht
[4] Detailansicht, Foto: Patricia Falk
[5] Installationsnsicht, Max Ernst Museum Brühl, Foto: Patricia Falk
2021, Escheholz, 450 x 188 cm, Max Ernst Museum, Brühl,
Sophie Stadler
Ein fast fünf Meter Deko-Schriftzug an der Wand zitiert Karl Marx aus der Rheinischen Zeitung 1842. Mit den damals neu eingeführten Holzdiebstahlsgesetzen wurde das Sammeln von Brennholz - und damit eigentlich ein Zustand der Besitzlosigkeit – kriminalisiert. Das ist nur einer der Loops, die es Belia Brückner in Deko-Schriftzug Artikelnummer: 3116415002 gelingt darzustellen oder offenzulegen.
Aus Holz wird auch Papier gemacht. Ihr kennt das ja, diese Leute mit Papieren, die bestätigen, was ihr Eigentum ist, bzw. Arbeitsverträge, bzw. Bettelbriefe, bzw. Anzeigen. Der Loop, bekanntlich die Form des Paranoiden, das ansteckend und leider auch allzu symmetrisch ist, wird hier vorgeführt im Verhältnis von Bedürfnis und Freiheit. Brückners künstlerische Arbeiten setzten sich immer wieder mit Gefängnissen und Jugendstrafanstalten auseinander: mit der Zufälligkeit der Härte der Strafe, die so oft vom Wohnort abhängt, der Schwierigkeit Kontakte und Beziehungen aufrecht zu erhalten, der den Geist betäubenden Leere der Büchereien, die man nur eine beängstigende Vernichtung von Perspektive nennen kann.
DekoSchriftzug Artikelnummer: 3116415002 referiert auf ein Produkt der Plattform Knastladen.de: Diese vertreibt von Inhaftierten gefertigte Dekorationen für jene Zuhause, denen sie selbst so fern sind. Um von diesem ‚Service‘ keinen Gebrauch zu machen, hat Brückner selbst gefräst. Das Arbeiten als Erziehungsmethode im Zuge der ‚Resozialisierung‘ eingesetzt wird – drinnen wie draußen – ist getrieben von der Vorstellung, es würde ansonsten die Faulheit einreißen. Faulheit stellt sich aber bei näherem Hinsehen als für die besitzlose Klasse immer mehr als ‘inaccessible vice‘ heraus, denn sogar am äußersten Rand der Gesellschaft angekommen, vermag man sie noch zum Nutzen zu bringen. So könnte man im sperrigen Titel der Arbeit auch einen Hinweis auf Erschöpfung vermuten, auf Ausbeutungsschleifen um „etwas zu verdienen“, sei das nun (Be-)Loh(-nung), Aufmerksamkeit oder Strafe.
Es stellt sich die Frage, was alles mit Sicherheit argumentiert werden kann, wenn so vieles im Leben an wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten festgemacht wird, anstatt von Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Scheitern an diesem System beweist gar nichts. Aus Holz wird Feuer gemacht.
[1] Ausstellungsansicht, Max-Ernst Museum, Brühl, Foto: Patricia Falk
[2] Detailansicht, Max-Ernst Museum, Brühl, Foto: Patricia Falk
[3] Ausstellungsansicht, Foto: Patricia Falk
[4] Ausstellungsansicht, ASA-Open Studios, Hamburg, Foto: Tim Albrecht